Dem Südsudan droht eine Hungerkatastrophe

"Die Landwirtschaft steht vor der Aufgabe, mehr Lebensmittel mit weniger Wasser zu produzieren." (Christian Schmidt)

Weit über eine Million Menschen wurden im Südsudan aufgrund der andauernden Gewalt aus ihrer Heimat vertrieben. Einer hochrangigen UN-Funktionärin zufolge könnten noch weitaus mehr Menschen von einer Hungersnot betroffen sein. EURACTIV Brüssel berichtet.

Ungefähr 1,4 Millionen Menschen wurden entweder in andere Landesteile oder in die Nachbarländer vertrieben, nachdem im Dezember 2013 in dem neugegründeten Land Konflikte ausbrachen. Schätzungen zufolge soll es inzwischen zehntausende Tote geben. „Die Situation ist herzzerreißend, es gibt nicht einen Landesteil, von dem man sagen könnte, dass er nicht vom Konflikt betroffen ist“, sagt Sue Lautze, die Vertreterin der UN-Ernährungs– und Landwirtschaftsorganisation (FAO) im Südsudan. Lautze war während des Konflikts zusammen mit anderen humanitären Akteuren wie etwa der EU im Land. Sie ist überzeugt, dass dort zunehmend Märkte zerstört werden und die Bevölkerung dem Tod überlassen werde.

Ungefähr 300.000 der sudanesischen Flüchtlinge sind auf der Suche nach Schutz in Nachbarländer gegangen. Zudem sind 1,1 Millionen intern Vertriebene wiederkehrender Gewalt und Überflutungen ausgesetzt. „Jetzt steigen die Wasserfluten. Erst wurden die Menschen mit den Gefahren des Konflikts konfrontiert, jetzt müssen sie mit der drohenden Überflutung umgehen“, sagt Lautze gegenüber EURACTIV. Ein Großteil ihrer Arbeit ziele deshalb darauf ab, das Überleben der Flüchtlinge zu sichern.

Die Gewalt im Südsudan war am 15. Dezember ausgebrochen, nachdem Spannungen innerhalb der südsudanesischen Armee, Sudanesische Volksbefreiungsarmee (SPLA), aufgekommen waren. Der Konflikt steigerte sich zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen zwei der größten ethnischen Gruppen des Landes, den Dinka und den Nuer. 

Im Südsudan gibt es 60 verschiedene Ethnien, die Gewalt entlädt sich oft entlang der ethnischen Grenzen. Sie ist aber auch politisch bedingt. Bewaffnete töten Menschen, von denen sie glauben, dass sie dem Regime nahestehen. Die beiden Konfliktparteien unterzeichneten im Januar zwar eine Waffenstillstandsvereinbarung, dennoch gibt es immer wieder Berichte über Gewalt. 

Ernährungssicherheit ist nicht gewährleistet

FAO-Funktionäre sorgten sich bereits Anfang des Jahres, dass die Landwirte die Pflanzsaison, die normalerweise im März beginnt und im Juni endet, aufgrund ihrer Vertreibung nicht einhalten könnten. Dadurch könnten sich die Gewaltprobleme in eine größere Krise der Ernährungssicherheit ausweiten.

Einige Landwirte konnten zwar ihre Produkte anpflanzen. Die Integrated Food Security Phase Classification (IPC) zeigt dennoch, dass die Ernährungssicherheit sowohl in den vom Konflikt stärker betroffenen Gebieten als auch in den von der Gewalt weniger beeinflussten Landesteilen abnimmt. IPC ist ein Instrument, mit dem die Ernährungssicherheit in verschiedenen Ländern besser analysiert werden kann. Sie hilft, Entscheidungen über Ernährungshilfezu treffen. Auch die FAO nutzt dieses Instrument.  Nach ihren Angaben besteht „die große Gefahr“, dass in diesem Jahr eine Hungersnot im Südsudan ausgerufen wird. 

Die FAO und andere humanitäre Akteure verteilen inzwichen Notfallausrüstung, wie Geräte für den Fischfang, Gemüse- und Pflanzensaatgut und Impfstoffe für Vieh. Viele Menschen ernähren sich von Wildfrüchten und der Jagd. Die EU bietet den Hilfsbedürftigen zudem medizinische Grundversorgung, Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Anlagen sowie Ernährungshilfe.

Fünf Millionen Südsudanesen benötigen der EU zufolge humanitäre Unterstützung. Von insgesamt zwölf Millionen Südsudanesen sind sieben Millionen von Mangelernährung bedroht. Bis jetzt haben die EU und ihre Mitgliedsstaaten im Jahr 2014 186 Millionen Euro beigesteuert. Die Hilfsanstrengungen werden allerdings durch Faktoren wie mangelnde Zugangsmöglichkeiten wegen der Überschwemmungen, Plünderungen und einen sich verbreitenden Choleraausbruch erschwert.

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