Kommissionsdokument zeigt Pläne für ein „EU-System für digitale Identitäten“

Das Ziel: "Weithin nutzbare, sichere und interoperable digitale Identitäten für sichere Online-Transaktionen mit staatlichen Stellen und im Privatbereich zur Verfügung stellen." [Shutterstock]

Die Europäische Kommission hat ihre Vision für ein EU-System für digitale Identitäten (EUID) umrissen: Dieses soll eine „vertrauenswürdige und sichere“ Form der Identifikation für die Nutzung öffentlicher und privater Online-Dienste bieten, heißt es in Dokumenten, die EURACTIV.com einsehen konnte.

Die Pläne der EU-Exekutive kommen kurz vor dem EU-Ratsgipfel in dieser Woche, auf dem die Staats- und Regierungschefs die Kommission formell auffordern dürften, einen Rahmen für die Einführung eines derartigen EU-weiten elektronischen Identifizierungssystems zu entwickeln.

Im Rahmen einer Präsentation vor der Ratsarbeitsgruppe Telekommunikation und Informationsgesellschaft in der vergangenen Woche hoben Kommissionsbeamte bereits hervor, warum ihrer Meinung nach die digitale Identifizierung für den täglichen Betrieb von Online-Diensten „grundlegend wichtig“ geworden ist.

„Es gibt keine aktuell keine Möglichkeit für eine vertrauenswürdige und sichere Identifikation, die persönliche Daten schützt und gleichzeitig weit verbreitet sein kann,“ heißt es in einer Präsentation der Kommission, die EURACTIV.com einsehen konnte. Hinzugefügt wird, einer der Gründe, warum ein EU-weiter Rahmen erforderlich sei, bestehe darin, dass „die Rolle privater digitaler Identifikationsdienste zunimmt und Plattformen eine immer wichtigere Rolle spielen“.

Schließlich wird auch daran erinnert, dass Social-Media-Dienste ein „niedriges Sicherheitsniveau“ für die Online-Identifikation aufweisen, wodurch sie wohl sehr viel anfälliger für den Missbrauch durch Dritte sind.

Rat wünscht sich EU-weite elektronische Ausweise ab Mitte 2021

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder werden die EU-Kommission im Laufe dieses Monats auffordern, ein EU-weites öffentliches elektronisches Identifizierungssystem (e-ID) zu entwickeln. Das geht aus Dokumententwürfen hervor.

Die Dokumente enthalten weitere Einzelheiten über die Vision der Kommission für den künftigen Rahmen, der für alle Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen der EU-Staaten auf freiwilliger Basis „universell verfügbar“, sowie „universell verwendbar“ sein und „von privaten und öffentlichen Dienstleistern für alle Transaktionen, die eine Authentifizierung erfordern“, anerkannt werden soll.

Bereits im Juni hatten die für Telekommunikation und Digitales zuständigen Ministerien der EU-Staaten die Kommission aufgerufen, „Vorschläge für die Weiterentwicklung des auf die eIDAS Verordnung gestützten derzeitigen Rahmens für grenzübergreifende Identifizierung und Authentifizierung zu einem Rahmen für eine europäische digitale Identität zu prüfen“. Eine solche Weiterentwicklung würde ihrer Ansicht nach „die Mitgliedstaaten dazu veranlassen, allen Europäerinnen und Europäern weithin nutzbare, sichere und interoperable digitale Identitäten für sichere Online-Transaktionen mit staatlichen Stellen und im Privatbereich zur Verfügung zu stellen.“

Die EURACTIV.com ebenfalls vorliegenden jüngsten Entwürfe der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates halten in ähnlichem Wortlaut fest, dass die Initiative darauf abzielen sollte, „den Menschen die Kontrolle über ihre Online-Identität und ihre Daten zu geben und ihnen den Zugang zu öffentlichen, privaten und grenzüberschreitenden digitalen Diensten zu ermöglichen“.

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Die eIDAS-Verordnung der EU soll die Grundlage dafür schaffen, dass Bürgerinnen und Bürger aus EU-Ländern mit digitalen ID-Systemen ihre eigenen nationalen elektronischen Identifizierungssysteme nutzen können, um Zugang zu öffentlichen Diensten zu erhalten, die in anderen EU-Ländern online verfügbar sind. In dem Bestreben, einen stärker harmonisierten und widerstandsfähigeren Markt für elektronische Identifizierungssysteme in der EU zu entwickeln, will die Kommission die Regeln aktualisieren und hat im Sommer eine öffentliche Konsultation zu diesem Thema eingeleitet.

Zum Start der Konsultation sagte die für Digitaltechnik zuständige Vizepräsidentin der Kommission, Margarethe Vestager, die Überarbeitung der eIDAS-Verordnung ziele darauf ab, „ihre Wirksamkeit zu verbessern, ihre Vorteile auf den privaten Sektor auszudehnen und vertrauenswürdige digitale Identitäten für alle Europäer zu fördern sowie eine sichere und interoperable europäische digitale Identität zu schaffen, die den Bürgern Kontrolle bietet.“

Die Konsultation läuft noch bis zum 2. Oktober. Weitere Einzelheiten über das Vorhaben der EU, den rechtlichen Rahmen für die elektronische Identifizierung möglicherweise zu erweitern, sollen außerdem im sogenannten Digital Services Act dargelegt werden, der Ende des Jahres von der Kommission vorgestellt werden soll.

Die EU-Exekutive ist sich jedoch offenbar der Herausforderungen bewusst, die beim Aufbau eines EU-weiten Rahmens für die digitale Identifizierung noch bevorstehen: In den Dokumenten wird festgestellt, dass „die Mitgliedsstaaten noch nicht bereit sind“: Der Vernetzungsgrad sei in gewissen Teilen der Union nach wie vor gering, und eID-Systeme seien derzeit auf den grenzüberschreitenden Einsatz im öffentlichen Sektor beschränkt.

Dies – zusammen mit der Tatsache, dass gerade der öffentliche Sektor in der EU derzeit nur in geringem Maße digitalisiert ist – könne künftige Herausforderungen darstellen.

[Bearbeitet von Benjamin Fox und Tim Steins]

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