Deutsche Ratspräsidentschaft will Digitalisierung im Klimaschutz voranbringen

Schon 2018 hatte das BMU einen Hackathon organisiert. Denn "Umweltschutz gehört in jeden Algorithmus“, meint Ministerin Svenja Schulze. [BMU/Benjamin Thieke]

Die deutsche Ratspräsidentschaft will die Digitalisierung im Klimaschutz vorantreiben. Losgehen soll es dieses Wochenende mit einem „grünen Hackathon“.

Es ist die erste Veranstaltung im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft, die das Umweltministerium angekündigt hatte: Bis Sonntag dauert der „grüne Hackathon“, bei dem Teams aus 15 EU-Staaten verbunden über eine Cloud digitale Lösungen für unterschiedliche klimarelevante Probleme erarbeiten sollen. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) wird das Event, das bereits einmal vor zwei Jahren stattgefunden hatte, zusammen mit EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius eröffnen. Die Gewinner des Wettbewerbes werden ihr Ergebnis auf dem informellen Treffen der europäischen Umweltminister am 30. September in Berlin präsentieren.

Der Hackathon dreht sich um die drei Themen Klimawandel, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft. Erklärtes Ziel ist es zum einen, den Umwelteinfluss der Digitalwirtschaft zu reduzieren, denn dieser nimmt immer größere Ausmaße an. Prognosen zufolge könnte der CO2-Ausstoß durch digitale Anwendungen bereits 2025 den des weltweiten Kfz-Verkehrs übersteigen. Allein der Kommunikations- und Informationssektor ist weltweit für geschätzt fünf bis neun Prozent des Stromverbrauchs und mehr als zwei Prozent aller Emissionen verantwortlich. Zum anderen sollen aber auch Lösungen gefunden werden, wie der Umwelt mithilfe digitaler Lösungen aktiv geholfen werden kann. „Die Digitalisierung kann die Brände unserer Zeit löschen. Damit sie das tut, brauchen wir aber Regeln für ihren Einsatz, ihre Richtung“, sagte Schulze beim letzten Hackathon 2018. Das Potenzial sei da, „wir müssen es nur nutzen“.

Trio-Präsidentschaftsprogramm: Ein Staffellauf mit deutschem Sprint

Deutschland, Portugal und Slowenien haben ihr gemeinsames Ratspräsidentschafts-Programm für die kommenden 18 Monate vorgelegt. Sie möchten sich vor allem auf eine soziale Erholung nach der Corona-Pandemie konzentrieren – ansonsten sind die 31 Seiten mit wenig Leben gefüllt.

Gewonnen hatte letztes Mal ein App, die die Kunststoffbilanz von Lebensmitteln im Supermarkt für den Kunden ausweist, sowie eine Routen-App für Fahrradfahrer, die möglichst emissionsfreie Strecken errechnet. Auch dieses Mal sollen mithilfe von Umweltdaten Lösungen erarbeitet werden, die zum Beispiel dem Ausbau erneuerbarer Energien, der Bewaldung oder der Müllvermeidung zugutekommen.

Deutsche Ratspräsidentschaft schlägt digitalen Produktpass vor

Die deutsche Ratspräsidentschaft hatte die Digitalisierung in der Klimapolitik zu einer ihrer Prioritäten erklärt. Grundlage dafür ist unter anderem die umweltpolitische Digitalagenda des Umweltministeriums, die Anfang März vorgestellt worden war. Darin enthalten waren 70 Maßnahmen, unter anderem Vorschläge für eine Selbstverpflichtungen von Onlinehändlern, Umweltschutzkriterien in ihre Such-Algorithmen einzubauen oder Produkte mit dem Blauen Engel gesondert anzuzeigen.

Auch ein „digitaler Produktpass“ wurde vorgeschlagen. Dieser könnte Informationen über das Material und den Klimaabdruck der Lieferkette eines Produkts enthalten, um es Kunden zu ermöglichen, nachhaltige Konsumentscheidungen zu treffen. Sie wolle diesen Punkt auch auf die EU-Agenda des Green Deals bringen, so Schulze, wo derzeit noch an einem Aktionsplan Kreislaufwirtschaft gearbeitet wird.

Scholz und Le Maire: Einigung über Digital- und Mindeststeuer bis Jahresende

Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und sein französisches Pendant Bruno Le Maire (LREM) sind zuversichtlich, dass die aktuellen OECD-Verhandlungen zu internationalen Steuersystemen bis Ende 2020 abgeschlossen sein werden.

Auch eine „Garantieaussagepflicht“ möchte das Umweltministerium in Anlehnung an die EU-Ökodesign-Richtlinie einbringen. Es soll Hersteller elektronischer Geräte dazu verpflichten, die mindeste Lebensdauer ihrer Produkte anzugeben. Noch immer wird in der EU nach Angaben der Kommission weniger als die Hälfte des Elektromülls recycelt. Bei solchen Themen könnten Algorithmen und künstliche Intelligenz helfen, sagte Schulze bei der Vorstellung ihrer Digitalagenda. „Umweltschutz gehört in jeden Algorithmus.“

Klimaneutrale Rechenzentren bis 2030

Kurz zuvor, im Februar, hatte auch die EU-Kommission eine Digitalstrategie vorgestellt. Diese solle unter anderem helfen, den Green Deal voranzubringen, heißt es in der Mitteilung, denn „so können beispielsweise Schlüsselsektoren wie Präzisionslandwirtschaft, Verkehr und Energie enorm von digitalen Lösungen profitieren.“

Im Rahmen ihrer digitalen Umweltpolitik plant die EU-Kommission unter anderem, Rechenzentren bis 2030 klimaneutral zu machen und deren Abwärme in das Fernwärmenetz einzuspeisen. Auch in der am Mittwoch vorgestellten Strategie zur Energieintegration wird die Rolle von Rechenzentren in der Sektorkopplung betont. Darüber hinaus prüft die Kommission bis zum kommenden Jahr ein Recht auf Reparatur oder Aufrüstung elektrischer Geräte, um den Lebenszyklus elektronischer Geräte zu verlängern.

Die Digitalstrategie der Kommission: Mehr Wettbewerb, weniger Emissionen

In ihrer Digitalstrategie hat sich die EU-Kommission verpflichtet, „Technologie, die für die Menschen arbeitet“, zu fördern: die digitalen Fähigkeiten der europäischen BürgerInnen und Unternehmen soll erhöht, die Marktmacht der Technologie-Giganten eingeschränkt und das Nachhaltigkeitspotenzial der IKT erschlossen werden.

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