COP25: Was ist los in Madrid? (Teil 3)

Protest beim Klimagipfel: Am Mittwoch wurden zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft vom Treffen ausgeschlossen. [Annabelle Avril /wecf]

Die Gespräche im Rahmen des UN-Klimagipfels sind in der zweiten und entscheidenden Woche. EURACTIV bietet einen Überblick über die Geschehnisse der 25. Weltklimakonferenz (COP25) in Madrid.

Reaktionen auf den Green Deal: Am Rande der COP25 hat sich Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) zum gestern präsentierten Green Deal der EU-Kommission geäußert. Sie lobte, der Plan stelle die Klima- und Umweltpolitik genau dorthin, „wo sie hingehört: ins Herz der Europapolitik“. Ihrer Ansicht nach hätten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihr Vize Frans Timmermans einen klugen und gut durchdachten „Fahrplan“ erstellt, der alle Teile der Gesellschaft mitnehme. Nun sei aber die konkrete Umsetzung wichtig. Das Programm müsse vor allem sozial gerecht gestaltet werden, forderte Schulze.

Insgesamt zeigte sie sich zufrieden: Von der EU werde erwartet, dass die bei der COP25 eine Führungsrolle einnimmt, „und die heutige Ankündigung hilft uns, diese Verantwortung wahrzunehmen“, so Schulze.

Keine offizielle Reaktion gab es hingegen von der französischen Umweltministerin Elisabeth Borne, die bereits am Dienstag frühzeitig aus Madrid abgereist war, um daheim in Paris die geplanten Rentenreformen mitzudiskutieren. Französische Medien kritisierten Borne für die insgesamt sehr kurze Zeit, die sie bei den COP-Meetings verbrachte.

Die wichtigsten Punkte des "Green Deal"

Die Europäische Kommission hat am heutigen Mittwoch ihren mit Spannung erwarteten Green Deal vorgestellt.

War Madrid ein Erfolg?: Bundesumweltministerin Schulze äußerte sich auch zu den Erfolgsaussichten der aktuellen COP in Madrid. Die Welt werde erst auf der COP26 im kommenden Jahr wissen, ob der Madrider Klimagipfel als Erfolg gewertet werden kann, sagte sie: „Wir werden das tatsächliche Ergebnis der COP25 im nächsten Jahr in Glasgow sehen,“ so Schulze mit Blick auf die dann anstehende Erhöhung der Klimaschutzziele. 2020 wird von den Länder der Welt erwartet, zusätzliche Emissionssenkungen bei ihren Nationally Determined Contributions (NDCs) im Rahmen des Pariser Abkommens einzureichen. „In Glasgow müssen wir alle unsere Karten auf den Tisch legen,“ so Schulze.

Auf einem UN-Gipfel im September in New York haben bereits 70 Staaten, darunter Deutschland, angekündigt, ihre Ambitionen im Jahr 2020 zu erhöhen; 65 von ihnen erklärten, bis 2050 klimaneutral sein zu wollen.

Die anstehende deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 müsse ebenfalls den Kampf gegen den Klimawandel zum Leitthema haben, sagte Schulze: „Ich möchte die EU-Präsidentschaft nutzen, um voranzukommen und andere, wie beispielsweise China, mitzunehmen.“

Protest unterbunden: Am Mittwochnachmittag unterbrach das Sicherheitspersonal der UNFCCC dann ein von mehreren NGOs organisiertes „Pfannenkonzert“. 200 Teilnehmende aus der Zivilgesellschaft wurden daraufhin von der COP ausgeschlossen. Ihre Teilnehmer-Karten wurden eingezogen.

„Wir wurden aus den Verhandlungshallen vertrieben. Man sagte uns, dass wir unsere Aktion draußen durchführen sollen. Eine riesige Metalltür wurde aufgefahren und wir wurden hinaus getrieben. Wir wurden auch nicht über die Absichten des UN-Sicherheitspersonals informiert, uns unsere Badges abzunehmen. So standen wir draußen in der Kälte – viele ohne Jacken und Mäntel – und mussten zusehen, wie diese Metalltür uns ausschloss. Einer indigenen Frau wurde nicht einmal erlaubt, wieder hineinzugehen, um ihr Baby zu stillen.“ kritisieren die NGOs in einer gemeinsamen Erklärung.

Eine derartige Härte gegen zivilgesellschaftliche Aktivisten habe es demnach in der 25-jährigen Geschichte der Klimaverhandlungen noch nie gegeben. In der Stellungnahme heißt es weiter: „Es könnte aber kein besseres Symbol für diese Krise geben, in der wir uns befinden. Menschen auf der ganzen Welt schreien nach Gerechtigkeit und bekämpfen Unterdrückung, während die Machthaber versuchen, uns auszuschließen.“

Kaum Bezug zur Wirklichkeit: Das langsame Vorankommen der Klimaverhandlungen, bei denen jedem einzelnen Wort präziseste Aufmerksamkeit geschenkt wird, scheint derweil völlig unvereinbar mit der Mobilisierung der Zivilgesellschaft und der wissenschaftlichen Gemeinschaft, kritisieren NGOs ebenfalls. „Ich nehme an diesen Klimaverhandlungen teil, seit sie 1991 begonnen haben. Aber noch nie habe ich diese fast völlige Trennung erlebt, die wir hier in Madrid beobachten können; die Trennung zwischen dem, was die Wissenschaft und die Menschen der Welt fordern, und dem, was die Klimaverhandlungen in Bezug auf sinnvolles Handeln tatsächlich leisten,“ kritisierte beispielsweise Alden Meyer, verantwortlich für den Bereich Strategie und Politik bei der „Union der besorgten Wissenschaftler“.

Der Klimakonferenz-Veteran Meyer sagte weiter, diesen fehlenden Bezug zur Realität sehe er sowohl mit Blick auf die Erhöhung der Ambitionen der Länder bei ihren Verpflichtungen zur Emissionsreduzierung als auch bei der unzureichenden Unterstützung für die gefährdeten Länder und Weltbevölkerungsgruppen, die mit den „immer verheerenderen Auswirkungen des Klimawandels“ konfrontiert sind.

73 Staaten wollen 2050 klimaneutral sein: Dabei war der gestrige Mittwoch vom chilenischen COP-Vorsitz eigentlich als als „Tag der Ambition“ ausgerufen worden. Diese Ambition scheint sich aber nach wie vor auf die am stärksten vom Klimawandel betroffenen Staaten und die EU zu beschränken. Die weltgrößten Emittenten wie China, die Vereinigten Staaten, Indien oder Japan sind für derartige Aufrufe hingegen wenig empfänglich.

Fünf neue Länder teilten offiziell mit, dass sie bis 2050 klimaneutral sein wollen: Südkorea, Irland, Monaco, die Schweiz und Fidschi. Sie machen zusammen insgesamt aber nur 2,16 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen aus.

Indien hingegen erklärte, man werde im kommenden Jahr keine neuen NDCs vorlegen. Die Debatte über nachgebesserte Zusagen solle nicht vor der offiziellen Prüfung im Jahr 2023 angegangen werden. Die Verhandlungsgruppe der G77, der China angehört, erklärte derweil, die Industriestaaten müssten zunächst Zusagen zu Finanzierung und Governance machen, bevor sie alle anderen Staaten auffordern, ihre NDCs zu aktualisieren.

Berlin und Rom an Bord: 18 EU-Staaten fordern Klimaneutralität

Nach entsprechenden Zusagen aus Deutschland, Griechenland, Italien und Slowenien unterstützen jetzt 18 EU-Staaten das Ziel „Klimaneutralität bis 2050“.

Japans Kampf um die Kohle: Auf einer Pressekonferenz sagte der japanische Umweltminister Shinjiro Koizumi, er „kämpfe“ mit seiner eigenen Regierung, um bis zum nächsten Jahr einen „robusteren Klimaplan“ vorzulegen. Während er es nicht geschafft habe, die Mitglieder der japanischen Regierung davon zu überzeugen, in seiner offiziellen Rede am Mittwoch das Thema Kohlekraftwerke ansprechen zu müssen, versicherte Shinjiro gestern, dass er weiterhin Überzeugungsarbeit daheim leisten wolle. Er betonte dabei den „Gegensatz“ zwischen der internationalen Debatte über die Abschaffung von Kohleenergie und der „Nichtdiskussion“ zu diesem Thema in Japan. Koizumi erklärte weiter, er sei sich bewusst, dass er ein Land vertritt, das international für seine Investitionen in den Kohlesektor kritisiert wird, gleichzeitig aber keine ausreichende Debatte darüber führt.

Neue Analysen zur Energiefinanzierung zeigen tatsächlich, dass Japan 4,8 Milliarden US-Dollar für neue Kohlekraftwerke in Indonesien, Bangladesch und Vietnam investieren will. Außerdem gibt es Pläne, daheim in Nippon ebenfalls bis zu 15 neue Kohlekraftwerke zu bauen.

„Fossil of the Day“ Japan und Brasilien: Passenderweise hat die Umwelt-NGO CAN International gestern dann auch die wenig schmeichelhafte Auszeichnung „Fossil of the Day“ an Japan vergeben. „Es ist schwer zu beschreiben, wie tief wir von den japanischen Versprechungen enttäuscht sind – oder besser gesagt, von deren Ausbleiben. Erst heute sagte Japans Umweltminister Shinjiro Koizumi erneut, dass Japan eine weitere Gelegenheit ablehnt, sein ohnehin sehr unzureichendes Emissionsreduzierungsziel zu verbessern und die Finanzierung von Kohle zu beenden“, teilte CAN mit.

Der zweite „Fossil of the Day“-Preis ging an Brasilien, wo die illegale Landnahme und die darauffolgende Rodung von Wäldern unter  Präsident Jair Bolsonaro legitimiert werde: „Gewählt unter dem Versprechen, Recht und Ordnung ins Land zu bringen, machte Brasiliens rechtsradikaler Führer Jair Bolsonaro kriminellen Banden gestern Abend ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk: Er schickte dem Kongress ein Exekutivdekret, das eine breit angelegte Amnestie für Landnahme vorsieht, den wichtigsten Treiber der Entwaldung und daher der Kohlenstoffemissionen in Brasilien,“ kritisierte die NGO.

Die positiv besetzte Auszeichnung „Ray of the Day“ gab CAN derweil an den Weltklimarat (IPCC). Damit wolle man „die großartige Arbeit dieser mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ würdigen. CAN argumentierte, das IPCC habe in den vergangenen zwei Jahren drei wichtige Berichte vorgelegt, die die Grundlage für Aktivitäten der Zivilgesellschaft bilden, um die Regierungen unter Druck zu setzen, die Klimaschutzmaßnahmen zu beschleunigen und die Wirtschaft endlich zu dekarbonisieren.

[Bearbeitet von Frédéric Simon und Tim Steins]

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