Mission Klimaneutralität im Fußball

Fans des Fußballclubs Mainz 05. Der Verein wurde vor zehn Jahren zu Deutschlands erstem - und bisher einzigem - klimaneutralen Fußballclub. [Frank Rumpenhorst/ epa]

Tausende von Fans reisen zu Spielen an, riesige Stadien werden gebaut und betrieben – Fußball hat erhebliche Wirkung auf das Klima. Einige Fußballvereine werden sich dessen zunehmend bewusst und versuchen, ihre CO2-Emissionen zu begrenzen. Angeführt wird die Bewegung in Deutschland seit einem Jahrzehnt von einem Verein.

Fußball ist nicht nur eine der beliebtesten Sportarten Europas, es ist ein echter Wirtschaftsfaktor: Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die europäische Fußballindustrie 28,4 Milliarden Euro, elf Prozent mehr als im Vorjahr. In diesem Jahr wurden allein in der UEFA 250 Spiele ausgetragen. 

Aber jedes Match verursacht erhebliche Emissionen. An einem einzigen Spieltag in der ersten Liga der Bundesliga werden durchschnittlich 7.753 Tonnen CO2-Emissionen freigesetzt, wie eine Studie einer Bonner Klimaberatung und des Deutschlandfunks ergab. Um diese Emissionen auszugleichen, müssten pro Spieltag theoretisch 60.000 Bäume  gepflanzt werden.

Während der Klimaschutz ganz oben auf der politischen Agenda steht und die EU bis 2050 klimaneutral sein will, hat ein deutscher Fußballverein dieses Ziel vor einem Jahrzehnt erreicht.

 Wie nachhaltig kann Fußball sein?

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Ein klimaneutrales Stadion

Die Klimainitiative des 1. FSV Mainz 05 begann 2009, als im Sommer dieses Jahres ein Ökostromanbieter einer seiner Hauptsponsoren wurde. „Das hat uns sicherlich für das Thema sensibilisiert“, erklärt Silke Bannick, Pressesprecherin für Mainz 05. „Aber es sind Werte, die wir sowieso gemeinsam hatten“.

Basierend auf einer Analyse des Öko-Instituts Darmstadt, der den CO2-Fußabdruck des Clubs analysierte, wurden diverse Klimamaßnahmen bei Mainz 05 angesetzt. Im August 2009 stellte der Verein die Energieversorgung seines Stadions auf Ökostrom um und modernisierte die Lüftungsanlage für bessere Energieeffizienz. Auch beim späteren Bau eines neuen Stadions war die Klimabilanz stets Teil der Planung. „Wir haben LED-Leuchten und Lichtsensoren in den Toiletten installiert – das sind nur Kleinigkeiten, aber die können einiges ausmachen“, so Sprecherin Bannick.

Aber die Verbesserung der Stadioninfrastruktur allein kann den CO2-Fußabdruck eines Clubs nicht beseitigen. Eine große wichtige Quelle für CO2-Emissionen ist der Transport, insbesondere von anreisenden Fans. Um Anreize zu schaffen, nicht mit dem Auto anzureisen, organisiert und subventioniert der Verein Busse, die die Fans zu Auswärtsspielen bringen. Auch kostenlose Fahrradchecks für Heimspiele werden angeboten. Bei einigen Spielen verteilt der Club kostenlose VIP-Tickets an Fans, die mit dem Fahrrad ankommen. All das kostet natürlich. Man habe für die Umweltausgaben einen extra Posten im Jahresbudget geschaffen, bestätigt der Club. 

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Der 15-jährige Kenianer Lesein ist einer von tausenden Jugendlichen, die sich dem Kampf gegen den Klimawandel angeschlossen haben. Der begeisterte Fußballer pflanzt seit 2018 für jedes Tor, das er erzielt, Bäume.

Selbstverständlich sei all das anfangs nicht gewesen, erinnert sich Bannick. „Unsere Bemühungen wurden damals nicht so ernst genommen. Es ist schön zu sehen, dass das jetzt anders aussieht.“ Sie erzählt, dass der Club vor einigen Jahren eine Umweltschulung für seine Trainer und Spieler organisiert hatte. „Nur eine Handvoll Journalisten zeigten Interesse.“

Fans reisen in Zügen an 

Im Oktober 2010 wurde Mainz 05 zum ersten klimaneutralen Verein der Bundesliga erklärt. Andere Clubs haben ähnliche Initiativen ergriffen, um ihre Klimaauswirkungen zu verbessern. Viele haben Solaranlagen auf ihren Stadiondächern installiert, um die Stromversorgung ihrer Städte zu unterstützen, der SC Freiburg tat das schon in den 90er Jahren. Der SV Werder Bremen hält derzeit sogar den Titel der größten gebäudeintegrierten Photovoltaikanlage Europas mit einer Jahresproduktion von rund 800.000 Kilowattstunden.

Für Mainz 05 ist die „Mission Klimaverteidiger“, wie der Club es nennt, mehr als eine Marketingstrategie. „Das ist in unserer täglichen Arbeit wirklich präsent. Es werden regelmäßig Informationen darüber weitergegeben, wie man Wasser oder Strom sparen kann“, so Bannick. Trotzdem läge es nciht in der Hand des Vereins, dass alle Mitglieder der Maxime des Klimaschutzes folgen. „Wenn die Spieler in einer dicken Karosse herumfahren wollen, ist das ihre Entscheidung, da können wir nichts tun.” Die Fans hätten die Initiative begrüßt. Viele von ihnen haben sich seitdem verpflichtet, mit Zügen zu Auswärtsspielen anzureisen, anstatt zu fliegen. 

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Für die Zukunft bleibt noch viel zu tun. Wie jeder Fußballverein benötigt auch Mainz 05 noch viel Energie und Ressourcen und ist stark auf den Kauf von CO2-Zertifikaten angewiesen. „Wir wollen diese Emissionen in Zukunft weiter verbessern und begrenzen“, sagt Bannick. 

Sollte der Klimaschschutz in Zukunft eine entscheidende Rolle beim Fußball spielen, würde Mainz 05 die Bundesliga anführen.

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