Klimapläne: Viel Lob für wenig Detail

Auch die EU-Kommission und Klimakommissar Miguel Arias Cañete stellten "erhebliche" Lücken in den Entwürfen der nationalen Klimapläne fest. [European Union, 2019]

Finnland, Schweden, Portugal, Frankreich und (mit Abstrichen) auch Deutschland werden nicht selten als „Klimaführer“ bezeichnet, wenn es darum geht, ehrgeizige Ziele zur CO2-Reduzierung bis 2050 festzulegen. Allerdings mangelt es an konkreten Maßnahmen, um diese Ziele auch zu erreichen, so eine heute veröffentlichte Analyse.

Im vergangenen Monat gab die Europäische Kommission ihre Rückmeldung zu den Entwürfen für nationale Energie- und Klimapläne (NECPs) ab. Diese waren zuvor von den 28 EU-Mitgliedstaaten in Brüssel vorgelegt worden. Sie enthalten vor allem Maßnahmen zur Erreichung der mittelfristigen Klimaschutzziele bis 2030.

Aber obwohl diese Pläne „ehrgeizige Ziele“ beinhalten, fehle es ihnen „an konkreten Strategien und Maßnahmen, um die Versprechen auch einzuhalten“, so der neue Bericht des PlanUp-Projekts, das von der Umwelt-NGO Carbon Market Watch koordiniert wird.

Vor allem Finnland, Schweden und Portugal wurden für ihre „insgesamt hohen Ambitionen“ bei der Festlegung langfristiger Energie- und Klimaziele gelobt; eine tiefergehende Analyse zeige aber „einen Mangel an Details und quantifizierbaren erwarteten Ergebnissen in Bezug auf politische Maßnahmen in den Bereichen Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft,“ kritisiert Carbon Market Watch.

Vor EU-Ratspräsidentschaft: Finnland will CO2-Neutralität bis 2035

Die neue finnische Regierung hat am Montag angekündigt, das Land sei bestrebt, seine CO2-Emissionen bis 2035 vollständig abzubauen.

Diese Analyse der NGO ist allerdings nicht sonderlich überraschend: Tatsächlich bestätigt sie weitgehend die Ergebnisse der Europäischen Kommission selbst.

Als die EU-Exekutive im vergangenen Monat ihre Empfehlungen herausgab, stellte sie „erhebliche“ Lücken in den Entwürfen der nationalen Klimapläne fest – insbesondere in Bezug auf die Energieeffizienz – und forderte alle EU-Länder auf, bis Ende des Jahres verbesserte Versionen vorzulegen.

Rückstand bei Verkehr, Gebäuden und Landwirtschaft

Im Verkehrsbereich seien die Entwürfe der fünf genannten „Klimaführer“ allgemein gelobt worden, da sie Themen wie Leichtfahrzeuge, Biokraftstoffe und Elektromobilität behandeln. „Sie erkennen jedoch weitgehend nicht an, wie wichtig es ist, die Emissionen aus dem Schwerlastverkehr, der Schifffahrt und der Luftfahrt zu bekämpfen,“ so die Analyse des PlanUp-Projekts.

Auch der Gebäudesektor, der für 40 Prozent des Energieverbrauchs in Europa verantwortlich ist, werde vernachlässigt. Zwar würden Gebäude in allen fünf Plänen genannt, die angedachten Maßnahmen blieben aber hinter den Erwartungen zurück, „insbesondere wenn es um die Planung von tiefgreifenden Sanierungen und Verbesserungen bei der Energieeffizienz geht“.

In diesem Bereich habe sich allerdings Deutschland dadurch hervorgetan, dass die Bundesregierung das Ziel ausgegeben hat, bis 2050 einen „nahezu klimaneutralen Gebäudebestand“ zu erreichen.

Kommission: Nationale Klima-Pläne reichen nicht

Die Entwürfe für nationale Klimastrategien der EU-Länder reichen nicht aus, um die Energie- und Klimaziele des Blocks für 2030 zu erreichen.

Die Landwirtschaft ist ein weiterer Sektor, in dem die fünf Länder ihre Ziele verfehlen dürften. Mit Ausnahme von Frankreich und Portugal sei die Landwirtschaft „wieder weitgehend aus dem Entwurf der nationalen Pläne gestrichen“ worden – obwohl der Sektor ein erhebliches Potenzial birgt, zur CO2-Reduzierung beizutragen.

Besonders kritisch sieht die NGO in dieser Hinsicht den finnischen Forstsektor. Während das Land Anerkennung dafür erntete, dass es sich das ehrgeizige Ziel gesetzt hat, Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen, plane Helsinki, sich dafür stark auf überschüssige Emissionszertifikate aus der Forstwirtschaft zu stützen. So könnten (weiterhin hohe) Treibhausgasemissionen in anderen Sektoren ausgeglichen werden.

„Finnlands Engagement, bis 2035 klimaneutral zu werden, ist sehr vielversprechend,“ kommentiert Agnese Ruggiero, Policy Officer bei Carbon Market Watch. „Dennoch ist es gefährlich, sich auf derartige politische Schlupflöcher zu stützen, um die Klimaziele zu erreichen. Denn das bedeutet, dass die Ziele auf dem Papier erreicht werden, aber nicht in der Praxis.“

Wenig Transparenz

Der finnische Klimaplan stelle dennoch eine „Gelegenheit für die neue Regierung und den aktuellen EU-Ratsvorsitz dar, seinen Ansprüchen beim Klimaschutz gerecht zu werden. Dafür muss man sich aber auch auf konkrete Maßnahmen in Bereichen wie Verkehr und Landwirtschaft festlegen,“ so Ruggiero weiter.

LEAK: EU will sich auf Migration und Wirtschaft fokussieren – Klimawandel erst an dritter Stelle

Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen sich in den kommenden fünf Jahren auf die Migration und den Schutz der Außengrenzen konzentrieren, so ein Entwurf. Wirtschaft und Klimaschutz folgen an zweiter und dritter Stelle.

Ein letzter Bereich, in dem die nationalen Pläne offenbar nicht zufriedenstellend sind, ist die Beteiligung der Öffentlichkeit: Während Finnland und Schweden öffentliche Konsultationen zur Ausarbeitung ihrer nationalen Pläne durchführten, haben Frankreich, Deutschland und Portugal interessierte Gruppen und die breitere Öffentlichkeit nicht einbezogen, kritisiert die NGO.

„Ein transparenterer Prozess […] würde eine stärkere Unterstützung und größeres Engagement aller beteiligten Akteure gewährleisten,“ heißt es im Bericht.

Die EU-Länder haben jetzt bis Ende des Jahres Zeit, um der EU-Kommission überarbeitete Versionen ihrer NECPs vorzulegen.

[Bearbeitet von Samuel Stolton und Tim Steins]

EU-Spitzen wollen Klimastrategie bis "Anfang 2020" fertigstellen

Die Gespräche über eine europäische Klimastrategie bis 2050 sollten bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein, damit der Plan Anfang 2020 endgültig verabschiedet werden kann.

Portugal erzeugt über 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien

Portugal hat im März mehr Strom aus sauberen Energiequellen produziert, als es tatsächlich benötigt. Doch der Mangel an Stromverbindungen mit dem Rest Europas bleibt ein Problem.

Spanien will bis 2030 aus Kohle- und Atomkraft aussteigen

Spanien will seine letzten Kernreaktoren und Kohlekraftwerke vor 2030 schließen, so Energieminister José Dominguez.

Abonnieren Sie unsere Newsletter

Abonnieren