Der scheidende EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat am heutigen Dienstag mitgeteilt, dass der zu Beginn seiner Amtszeit aufgelegte Investitionsplan dazu beigetragen habe, 1,1 Millionen Arbeitsplätze in Europa zu schaffen. Außerdem sei durch den Plan die europäische Wirtschaft um 0,9 Prozent gewachsen.
Die Juncker-Kommission nähert sich ihrem Ende, daher ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen und das Erbe zu zementieren: Die letzten fünf Jahre waren durch den Brexit, die sogenannte Migrationskrise, das dritte griechische Rettungsprogramm und die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus geprägt.
Zu den guten Nachrichten gehört laut Juncker hingegen der zu Beginn seiner Amtszeit aufgelegte Investitionsplan. In einer Rede vor dem Europäischen Parlament, in der der Luxemburger auf seine Amtszeit zurückblickte, betonte er, seine Initiative, die in erster Linie auf privaten Mitteln basiert, habe das europäische BIP um 0,9 Prozent gesteigert und im Vergleich zum Ausgangsszenario 1,1 Millionen Arbeitsplätze in der EU geschaffen.
Der sogenannte Juncker-Plan, der in der nächsten Amtszeit mit zusätzlichen Mitteln fortgesetzt wird, soll bis 2022 das europäische Wachstum um weitere 1,8 Prozent steigern, während die Gesamtzahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze auf 1,7 Millionen steigen könnte.
Fokus auf den Mittelstand
Der Plan war eine der wichtigsten Initiativen dieser Kommission, die kurz nach der Amtsaufnahme im November 2014 angekündigt wurde, um den erheblichen Rückgang von privaten Investitionen im Vergleich zum Vorkrisenniveau zu verringern und die europäische Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die EU-Exekutive hatte es sich zum Auftrag gemacht, mit einem Minimum an EU-Mitteln so viel privates Kapital wie möglich zu mobilisieren.
Hauptziel war es vor allem, Mittel für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sowie risikoreichere Projekte zu gewinnen, damit die bereits geplanten Investitionen nicht zurückgezogen würden.
Zu diesem Zweck bot die EU an, einen Teil der Finanzierung zu übernehmen und somit die ersten Verluste, falls vorhanden, aufzufangen.
Bis Oktober 2019 mobilisierte der Plan insgesamt fast 440 Milliarden Euro, davon 70 Prozent aus Privatkapital. Seit seiner Einführung hat der Juncker-Plan mehr als eine Million KMU unterstützt.
Der Europäische Rechnungshof stellte jedoch im Januar in Frage, ob der Plan wirklich derart erfolgreich dabei ist und war, zusätzliche Mittel für geplante Investitionen zu mobilisieren. Aus Sicht der EU-Rechnungsprüfer könnte der tatsächliche Betrag nämlich niedriger sein.
Nach Angaben der Kommission lag ein besonderer Fokus auf Nachhaltigkeit, Energie, Verkehr und Gesundheit. So hätten zehn Millionen Haushalte Zugang zu erneuerbaren Energien erhalten, 20 Millionen Europäerinnen und Europäer konnten von besseren Gesundheitsdiensten profitieren und 182 Millionen Autofahrer und Passagiere hätten „bessere Verkehrsnetze“ erhalten, so die EU-Exekutive.
Neue Kommission und neue Anreize
Ursula von der Leyen wird nun die Leitung der Kommission zu einem Zeitpunkt übernehmen, da die Notwendigkeit neuer steuerlicher Anreize einmal mehr im Mittelpunkt steht.
Die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds fordern Länder mit mehr fiskalischem Spielraum – insbesondere Deutschland und die Niederlande – auf, mehr zu investieren, um eine erneute Rezession zu vermeiden.
Gleichzeitig sendete die Kommission heute Briefe an Spanien, Italien, Frankreich, Belgien und Portugal, mit denen die Staaten aufgefordert werden, ihre nationalen Haushaltspläne abzuändern. Insbesondere die hohen Schuldenstände dieser Länder sind Brüssel ein Dorn im Auge. Auch Finnland hatte bereits in der vergangenen Woche eine ähnliche Aufforderung erhalten.
Derweil wird sich die Amtszeit der Juncker-Kommission, die offiziell am 1. November enden sollte, um mindestens einen weiteren Monat verlängern, nachdem das Europäische Parlament die Kandidaturen von drei designierten Mitgliedern der neuen Kommission unter von der Leyen abgelehnt hat.
[Bearbeitet von Sam Morgan und Tim Steins]