Die Präsidentin der spanischen Provinz La Rioja, Concha Andreu, war vergangene Woche in Brüssel zu Besuch – kurz, nachdem die USA neue Zölle auf europäische Exporte angekündigt hatten. Diese sollen auch für den berühmten Wein gelten, der in La Rioja produziert wird. Im Gespräch mit EURACTIV.com gibt sich Andreu dennoch zuversichtlich und kämpferisch.
Concha Andreu von der sozialdemokratischen PSOE ist seit August die erste weibliche Präsidentin der autonomen Gemeinschaft La Rioja. Mit ihrem Wahlsieg und der Koalition mit der linken Unidas Podemos beendete sie die 24 Jahre währende Herrschaft der konservativen Partido Popular in der Region.
Andreu sprach in Brüssel am Rande der Europäischen Woche der Regionen mit Jorge Valero von EURACTIV.com.
Fangen wir direkt mit dem Airbus-Fall an: Wie erklären Sie den Winzern in Rioja, dass sie es künftig wohl deutlich schwerer haben werden, Wein in die USA zu verkaufen, weil die EU Subventionen an einen Flugzeughersteller im französischen Toulouse vergibt?
Man kann versuchen, es ihnen zu erklären, aber sie werden damit verständlicherweise nicht zufrieden sein oder es nicht einsehen: Weshalb betreffen die Zölle auch andere Sektoren neben der Luftfahrt? Nun, weil Handelskriege dort zuschlagen, wo sie am meisten wehtun.
Es ist unfair, aber manchmal kommt man ins Kreuzfeuer in einem solchen Handelsstreit, in den diverse Interessen hineinspielen. Der Nutznießer all dessen wird am Ende China sein.
Welche Antwort erwarten Sie von Europa? Handelskommissarin Ceclia Malmström hat gegenüber EURACTIV kürzlich gesagt, es wäre wohl schwer, einzelne Mitgliedstaaten finanziell zu unterstützen.
Der spanische Landwirtschaftsminister Luis Planas hat uns versichert, dass er zunächst vor allem dafür eintreten wird, dass es keine Zölle gibt. Wenn sie aber dennoch eingeführt werden, müssen wir über Entschädigungen auf die eine oder andere Weise nachdenken. Ich bin aber sicher: Wir werden nicht allein gelassen.
Erwarten Sie Groll und Ärger gegenüber Brüssel, wenn die EU Rioja schlussendlich nicht unterstützt?
Es ist tatsächlich gefährlich, einen solchen Punkt im Handelskrieg zu erreichen. Ich werde immer wieder erläutern und klar stellen, was geklärt werden muss, um derartige „chauvinistischen“ Antworten zu vermeiden.
Unsere Landwirte müssen verstehen, dass wir hart darauf hinarbeiten, dass die Zölle überhaupt nicht anfallen. Wenn sie uns aber treffen sollten, werden wir hinter unseren Winzern stehen. Sie machen 15 Prozent der Wirtschaft in Rioja aus.
Welche Auswirkungen erwarten Sie für den Weinsektor in Rioja?
Das bleibt abzuwarten. Die USA sind umsatzmäßig der zweitwichtigste und volumenmäßig der drittgrößte Markt. Rund 13 Prozent des Auslandsumsatzes entfallen auf die USA. Das sind fast 62 Millionen Euro für Wein mit der geschützten Ursprungsbezeichnung [g.U.] Rioja.
Andererseits hat die EU kürzlich ein Handelsabkommen mit dem südamerikanischen Mercosur-Block abgeschlossen, der Exporte in diese Länder (Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay) erleichtern wird. Darüber hinaus scheint die Bezeichnung „g.U. Rioja“ inzwischen geschützt – nach jahrelangem Streit mit Rioja-Produzenten in Argentinien.
Ja, es scheint so… aber die Verhandlungen sind noch immer nicht komplett abgeschlossen. Der Regulierungsrat für unsere g.U. Rioja setzt sich weiterhin dafür ein, dass Rioja Argentina in den endgültigen Listen des EU-Mercosur-Abkommens, in dem die Ursprungsbezeichnungen aufgeführt sind, entweder vollständig eliminiert wird, oder wenigstens nur auf bestimmte Länder wie eben Argentinien, Uruguay und sehr wenige andere beschränkt bleibt.
Rioja ist eine relativ kleine Region. Was sind Ihre Erfahrungen mit EU-Geldern?
Die Mitgliedstaaten und Regionen müssen eine Reihe von Anforderungen erfüllen, um sicherzustellen, dass die EU-Mittel clever verteilt werden. Aber es ist sehr schwierig für uns zu beweisen, dass diese Bedingungen auch wirklich erfüllt werden. Denn die Anforderungen sind extrem hoch; und die Bürokratie ist absolut unverhältnismäßig.
Ansonsten ist Europa im Hinblick auf die Bedürfnisse seiner Mitgliedsstaaten aber durchaus realistisch. Was wir in La Rioja verpasst haben, ist, dieses europäische Potenzial besser zu nutzen, zum Beispiel durch wichtige Projekte für unsere Region an sich oder über Synergien mit anderen Regionen.
Im kommenden Monat stehen in Spanien schon wieder Wahlen an: Die vierten Parlamentswahlen in vier Jahren. Während die meisten Parteien in ganz Europa monatelang verhandeln, um eine Koalitionsvereinbarung zustande zu bekommen, hat sich Ihre sozialdemokratische PSOE entschlossen, lieber eine erneute Abstimmung einzuleiten und dabei bestenfalls die Zustimmung der Wählerinnen und Wähler zu erhöhen. Ihre Regierung in La Rioja zeigt hingegen, dass eine Einigung zwischen der PSOE und der linken Unidas Podemos (UP) möglich ist. Wie erklären Sie sich die Probleme auf nationaler Ebene?
Ich verstehe, dass es dafür an Verständnis mangeln kann. Von außen betrachtet sind UP und PSOE zwei linke Parteien, die es nicht geschafft haben, eine Einigung zu erzielen. Das muss ein gewisses Erstaunen hervorrufen.
Wenn eine Regierung in einem Land gebildet wird, egal wie viele Unterschiede es gibt… Wenn eine Einigung unterzeichnet wird, dann ist es geschafft. Aufgrund meiner Erfahrung bei der Bildung der Regierung in La Rioja kann ich aber auch sagen, dass wir nicht um jeden Preis verhandeln können oder dürfen.
Eine solche uneinige Regierung gibt nicht die nötige Stabilität. Um [eine solche Stabilität] zu erreichen, ist es notwendig, sich wirklich auf ein Programm für vier Jahre zu einigen. In Spanien war das eben nicht möglich. Deshalb ist es besser, Neuwahlen zu fordern, als einen Tag lang Chef zu sein und am nächsten Tag alles im Desaster enden zu lassen.
Glauben Sie denn, dass die PSOE als Wahlsiegerin die Koalitionsverhandlungen gut geführt hat?
Man kann immer etwas besser machen, kein Zweifel. Aber es gab vier verschiedene Vorschläge für Unidas Podemos.
Die Forderungen dieser Partei entsprachen einfach nicht den Stimmen, die sie bei der Wahl erhalten hat. Und dabei hätte eine solche Koalition ja auch nicht die absolute Mehrheit bedeutet. Wenn man sich die Details ansieht, erkennt man, dass es letztendlich keine Chance gab, eine Regierung zu bilden.
Darüber hinaus treten wir für die Stabilität und Einheit Spaniens ein. In dieser Hinsicht war unklar, ob eine der anderen Parteien, die uns beim Erreichen einer Mehrheit unterstützen wollte, das gleiche Ziel – nämlich die Einheit Spaniens – verfolgt.
Die Republikanische Linke Kataloniens (die sich für die Unabhängigkeit der Region ausspricht) hat betont, sie würde eine sozialdemokratische Regierung mittragen.
Das ist genau das, was ich meine.
[Bearbeitet von Frédéric Simon und Tim Steins]