EU-Parlament: Lobbytransparenz light

In die Wüste gejagt werden europäische Lobbyisten nicht. Aber zumindest EU-Abgeordnete dürfen zukünftig nur noch registrierte Lobbyisten treffen. Foto: dpa.

Neue Ethik-Standards und strengere Regeln für Lobbyisten: Die EU-Abgeordneten haben höhere Transparenzstandards für ihre tägliche Arbeit beschlossen. Einige Kritikpunkte aber bleiben.

Das Europäische Parlament hat am heutigen Dienstag seine Geschäftsordnung
überarbeitet, die seine tägliche Arbeit und Ethik-Standards für Parlamentarier
regelt. Die Abgeordneten votierten unter anderem dafür, sich künftig nur noch mit registrierten Lobbyisten zu treffen. Wer als Lobbyist keine Registrierung vorweisen kann, erhält damit keine Chance auf ein Meeting. Auch werden Lobbyvertreter dazu verpflichtet, ihre Hausausweise abzugeben, sollten sie eine Einladung des Parlaments zu einer Sitzung ausschlagen.

Die Reform geht auf den Bericht des britischen EU-Parlamentariers Richard Corbett (S&D) zurück, den seit über einem Jahr diskutiert wird. Seitdem gab es einige Bewegung.

Bessere Handhabe gegenüber Interessenvertretern von Unternehmen

„Im vergangenen Jahr hatten sich einige Unternehmen zunächst geweigert, bei einer Anhörung vor dem Sonderermittlungsausschuss gegen Steuervermeidung aufzutreten, um Stellung zu ihren Geschäftspraktiken zu beziehen“, so die SPD-EU-Abgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann, die Mitglied im zuständigen Ausschuss für Verfassungsangelegenheiten ist. „Zukünftig haben wir hier eine bessere Handhabe und können die Zugangsausweise für Interessenvertreter von Unternehmen, die sich nicht an das Gebot der Fairness halten, einziehen.“

Ein Verbot von Lobbytätigkeiten von Parlamentariern konnte das Haus trotz Gegenstimmen von der Europäischen Volkspartei (EVP) durchsetzen. Abgeordnete können während ihrer Amtszeit damit keiner Nebentätigkeit nachgehen, die eindeutig als Lobbyarbeit einzustufen ist.

Einige Abgeordnete bemängeln jedoch die Tatsache, dass die Regeln nicht schärfer ausgefalllen sind: Einkünfte aus Artikeln oder Vorträgen bei Interessengruppen gelten nicht als Lobbytätigkeit und müssen daher nicht deklariert werden.

Weiterhin kein legislativer Fußabdruck

Dass die Abgeordneten strengere Regeln im Umgang mit Interessenkonflikten in der Europäischen Kommission beschlossen haben und künftig nur noch registrierte Lobbyisten treffen dürfen, sei ein großer Erfolg, meint Giegold. „Für Lobbyisten gilt nun: keine Registrierung, kein Treffen mit Abgeordneten“.

Einig werden konnte sich das Parlament hingegen nicht auf den „legislativen Fußabdruck“, der von Sven Giegold in die Debatte ein gebracht wurde. So könnten die Parlamentarier bei sich selbst noch immer weniger strenge Maßstäbe anlegen, meint der Grüne.

Im September 2016 hatten Konservative von EVP, Sozialdemokraten und Liberalen die Abstimmung des fertig vorbereiteten Giegold-Berichts über „Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU-Institutionen“ abgelehnt, mit dem Hinweis, es fehle die notwendige Rückendeckung aus dem Parlament. Der „legislative Fußabdruck“ – einer Art Lobby-Liste im Anhang an künftige Gesetzestexte – sollte sämtliche Lobbyverbände und deren Verhandlungsposition aufführen. Damit soll nachvollziehbar sein, wer den Gesetzestext entscheidend mitformulierte und wer nicht.

Nach den neuen Regeln dürfen nun selbst Berichterstatter und Ausschussvorsitzende weiterhin geheim halten, welche Lobbyisten sie treffen. Trilog-Verhandlungen bleiben weitgehend intransparent, kritisiert Giegold. So könnten Abgeordnete, die den Verhaltenskodex verletzen, weiterhin hoffen sanktionsfrei zu bleiben.

Charles Goerens, luxemburgischer Abgeordneter der ALDE-Fraktion, meint hingegen, man könne besonders stolz auf die Verschärfung der Sanktionen gegen Parlamentarier sein. Verstößt ein Abgeordneter gegen die Verhaltensregeln, darf künftig sein Taggelder zwischen zwei bis 30 Tage eingezogen werden, statt wie bisher maximal 10 Tage. Zudem darf nun eine Vorübergehende Aussetzung für die Teilnahme an der parlamentarischen Tätigkeit angeordnet werden. Auch kann es dem betroffenen Mitglied bis zu ein Jahr lang verboten werden, das Parlament in interparlamentarischen Delegationen, auf Konferenzen und internationalen Foren zu vertreten, lobt Goerens.

Abonnieren Sie unsere Newsletter

Abonnieren