Ungarn und Polen fordern größeres EU-Budget

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (m.) im Gespräch mit Haushaltskommissar Günther Oettinger (r.) und dem früheren deutschen Außenminister Sigmar Gabriel (l.). [European Commission]

Die Regierungen Ungarns und Polens haben sich am Montag bereiterklärt, mehr Geld zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU beizusteuern, wenn Großbritannien im März 2019 aus der Union austritt.

Polnische und ungarische Regierungsvertreter verzichteten darauf, erneut die EU-Institutionen und die gemeinsame europäische Politik, insbesondere die Migrationspolitik, zu kritisieren und riefen stattdessen die Kommission dazu auf, einen „ambitionierteren“ Vorschlag für den kommenden mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) nach 2020 einzubringen.

Bei einer von der Kommission organisierten, hochrangig besetzten Konferenz am gestrigen Montag erklärte János Lazar, Leiter der Staatskanzlei unter Premierminister Viktor Orbán, Budapest sei „gewillt“, seinen Beitrag zum EU-Haushalt zu erhöhen und zum Nettozahler zu werden.

Polens Minister für europäische Angelegenheiten Konrad Szymanski fügte hinzu: „Wir unterstützen das Ziel der Kommission für einen MFR über einem Prozent [des Gesamt-BIPs der EU].“ Dies sei die „richtige Antwort“ auf das Loch, das der britische Austritt im EU-Budget hinterlassen wird.

Beide Länder warnten ausdrücklich davor, die Zahlungen im Bereich Kohäsionspolitik zu mindern. Dieser Bereich steht mit insgesamt 350 Milliarden Euro für ein Drittel des MFR.

Kohäsion und Landwirtschaft

Szymanski sagte, die Kohäsionspolitik habe eine „strahlende Zukunft”. Sie habe ihren Wert unter Beweis gestellt und sei reformierbar.

Die EU-Kommissare werden dieses Thema zum ersten Mal bei ihrem Treffen am morgigen Mittwoch besprechen. Ein Vorschlag für den zukünftigen MFR soll im Mai präsentiert werden. Die Kommission erwartet, dass die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament dann bis zu den nächsten EU-Wahlen im Frühjahr 2019 eine Einigung erzielen.

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Der Brexit und höhere Sicherheitsausgaben führen zu einer Finanzlücke im EU-Budget. Die Kommission denkt nun über Einsparungen und neue Einnahmequellen nach.

Die Verhandlungen über das künftige Budget werden somit ein Hauptverhandlungspunkt in den kommenden 18 Monaten sein. Dabei werden mögliche Einschnitte in der Kohäsionspolitik sowie in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) – letzteres ein gewichtiges Thema für Frankreich – sowie niedrigere Finanzmittel nach dem Brexit und neue Herausforderungen und Prioritäten die Diskussionen erschweren.

Auf der Konferenz am Montag trat auch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf, der einen ambitionierten MFR in Aussicht stellte.

Ist Europa mehr wert als eine Tasse Kaffee?

Auch Juncker sprach sich gegen „drastische“ Einschnitte in der Kohäsionspolitik oder der GAP aus. Man müsse mehr Geld in die Hand nehmen, „um das Europa, das wir wollen“, zu finanzieren.

Er wies daraufhin, dass der derzeitige Haushalt jeden EU-Bürger jeden Tag so viel koste, wie der Kauf einer Tasse Kaffee. Europa sollte aber mehr wert sein, als eine Tasse Kaffee, so der Kommissionschef.

Sein Haushaltskommissar Günther Oettinger gab sich vorsichtiger – schließlich weiß er, wie kritisch höhere EU-Beiträge in Nettozahler-Ländern gesehen werden. Er erklärte: „Wir brauchen ein etwas größeres EU-Budget.“

Während die meisten seiner Parteikollegen von der CDU höhere Beitragszahlungen, insbesondere für gemeinsame EU-Instrumente, ablehnen, drängt der potenzielle Koalitionspartner SPD auf einen „ambitionierten“ Haushaltsvorschlag der Kommission im Mai.

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Nettozahler, Nettogewinner

Während die Koalitionsverhandlungen in Berlin weiter andauern, machte Vizekanzler und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bei der gestrigen Konferenz deutlich, dass Deutschland „Nettogewinner, nicht Nettozahler“ ist.

Er unterstrich, Deutschland sei „der größte Nutznießer der EU-Integration“ gewesen, sowohl wirtschaftlich, finanziell als auch „definitiv politisch“. In den kommenden Monaten müsse man sich daher für Europa einsetzen.

Gabriel wollte sich zur zukünftigen Position Deutschlands nicht weiter äußern, versprach aber: „Europa wird im Zentrum des Koalitionsvertrags stehen“ – auch, wenn dies vormals „nicht immer der Fall war“.

Obwohl sich alle Teilnehmer der Konferenz über die Vorteile und den Nutzen des gemeinsamen EU-Haushalts einig waren, sprachen sich einige auch gegen eine Erhöhung des Budgets aus.

So warb Österreichs neuer Minister für EU-Angelegenheiten, Gernot Blümel, für ein „kleineres, aber effizienteres Europa“. Dieses Szenario sei „eine gute Leitlinie dafür, wie wir die zukünftigen Entwicklungen in Europa gerne sehen würden,“ so Blümel.

Ein kleinerer MFR solle kein Vorwand oder eine „Entschuldigung“ sein, weniger zahlen zu müssen. Stattdessen spiegele er die Realität einer kleineren EU nach dem Brexit wider.

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