The Capitals: Johnson schwächelt, Weber kämpft, Paris kritisiert

The Capitals versorgt Sie mit Nachrichten aus ganz Europa – dank des EURACTIV Netzwerks. Heute u.a. mit dabei: Manfred Weber will weiterhin Kommissionschef werden. [EPA/PHILIPP GUELLAND]

The Capitals versorgt Sie mit Nachrichten aus ganz Europa – dank des EURACTIV Netzwerks. Heute u.a. mit dabei: Manfred Weber will weiterhin Kommissionschef werden, Paris kritisiert das, und Boris Johnsons Vorsprung schmilzt.

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BERLIN

Weber gibt nicht auf: Trotz des Rückschlags auf dem EU-Gipfel vergangener Woche gibt sich der Fraktionsvorsitzende der EVP und Kandidat für die EU-Kommissionspräsidentschaft Manfred Weber kämpferisch: In einem Interview mit der Welt am Sonntag betonte er, er suche weiterhin die Unterstützung des EU-Parlaments, und warnte gleichzeitig vor der Rückkehr der „Hinterzimmerdiplomatie“.

„Jetzt kommt es auf die Europaabgeordneten an“, mahnte Weber. Er unterstütze weiterhin das Spitzenkandidatenverfahren, das seiner Meinung nach zur „dringend notwendigen Demokratisierung der EU“ beitrage.

Mit Blick auf die höhere Wahlbeteiligung bei den letzten Europawahlen warnte Weber die EU-Parlamentsabgeordneten auch davor, die eigene Macht freiwillig aufzugeben. Das Parlament als repräsentatives Organ von 500 Millionen Menschen trage eine große Verantwortung dafür, dass wichtige Entscheidungen transparent getroffen werden: „Es wäre ein riesiger Rückschlag, wenn die Entscheidungen in der EU nun wieder in die Hinterzimmer der Diplomaten wandern.“

Von EURACTIV auf das Thema angesprochen, kritisierte der griechische Premierminister Alexis Tsipras, die konservative EVP habe dem Spitzenkandidaten-Prozess den Todesstoß versetzt, indem sie Weber nominierte. Dieser sei eine „strikt parteiinterne Auswahl“ gewesen, die Europa eher teile als vereine.

„Leider hat die Notwendigkeit, Herrn Weber aus dem Rennen zu nehmen, die Chancen für andere Kandidaten, wie Frans Timmermans und Margrethe Vestager, die im EU-Rat eine breitere Unterstützung genießen, negativ beeinflusst,“ fügte Tsipras hinzu.

(Claire Stam, EURACTIV.de / Sarantis Michalopoulos, EURACTIV.com)

>> Mehr dazu: Das Aus für Weber

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PARIS

Von der französischen Regierungspartei LREM wurde Webers Haltung ebenfalls scharf kritisiert. Der Abgeordnete der Nationalversammlung Pieyre-Alexandre Anglade, der in der Partei auch für europäische Angelegenheiten zuständig ist, schrieb auf Twitter: „Erinnern wir sie an die Fakten! Die EVP hat den Plan für transnationale Wahllisten zerstört, weil sie Angst hatte, gegen die Progressiven zu verlieren. Diese Listen hätten die parlamentarische Demokratie gestärkt, da die Bürger direkt für ihre Führer hätten stimmen können.“

Während einer Pressekonferenz am Freitag hatte Präsident Emmanuel Macron indes betont, die Ernennung des oder der zukünftigen Präsidentin der EU-Kommission durch die nationalen Regierungen sei ebenfalls demokratisch. Dieses Recht sei in den EU-Verträgen verankert.

(EURACTIV.fr)

>> Mehr dazu: Deutsch-französisches Armdrücken spiegelt unterschiedliche politische Visionen wider

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LONDON

Johnsons Vorsprung schmilzt: Boris Johnsons Führung im Rennen um den Posten als britischer Premierminister ist am Wochenende dramatisch dahin geschmolzen. In einer Umfrage unter Tory-Mitglieder verringerte sich Johnsons Vorsprung gegenüber seinem Konkurrenten Jeremy Hunt von vormals 27 Prozentpunkten um mehr als die Hälfte auf nun knapp elf.

Dieser Rückgang ist weitgehend auf eine Kontroverse am Freitagabend zurückzuführen. Laut Berichten habe es einen hefigen Streit zwischen dem ehemaligen Außenminister und seiner derzeitigen Freundin Carrie Symonds gegeben; die Polizei sei wegen eines „Vorfalls“ in Symonds Residenz alarmiert worden.

Johnson weigerte sich während einer Veranstaltung am Samstag, das Thema zu kommentieren. In einer Erklärung teilte die London Metropolitan Police inzwischen aber mit, man habe mit „allen Bewohnern des Hauses“ gesprochen. Alle seien sicher und wohlauf. Es habe „keinen Grund für polizeiliche Maßnahmen“ gegeben.

(Samuel Stolton, EURACTIV.com)

>> Mehr dazu: Großbritannien: Hunt darf Johnson herausfordern

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DEN HAAG

Warten auf den Klimaplan: Die niederländische Regierung war im vergangenen Jahr von einem nationalen Gericht angewiesen worden, ihr Klimaziel für 2020 deutlich zu erhöhen. Die klagenden Umweltgruppen warten seitdem darauf, dass die Regierung von Premierminister Mark Rutte verrät, wie sie in den kommenden 18 Monaten noch eine Emissionssenkung von 25 Prozent erreichen will. Das ursprüngliche Ziel lag bei 17 Prozent. Eine Umwelt-NGO, die mit der Klage erfolgreich war, hat bereits angekündigt, man werde nicht länger auf Ruttes Strategie warten, sondern am heutigen Montag einen eigenen 40-Punkte-Plan vorlegen.

Genug Finanzinstrumente: Rutte hat nach dem EU-Gipfel vergangene Woche außerdem betont, er werde neue Haushaltsinstrumente, die die Eurozone gegen plötzliche wirtschaftliche Turbulenzen stabilisieren sollen, „niemals unterstützen“. In einem Exklusivinterview mit EURACTIV.com erklärte er, es gebe bereits genügend Instrumente und er könne nicht nachvollziehen, warum Spanien „mehr will“.

(Sam Morgan, EURACTIV.com)

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MADRID

Arzt wegen Fake News über Impfungen suspendiert: Ein spanischer Arzt darf ein Jahr lang nicht mehr praktizieren, weil er „entgegen aller wissenschaftlicher Beweise Behauptungen über das Entstehen und die Ursache der Autismus-Spektrumstörung“ verbreitet habe, berichtet El País.

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ROM

Lega-Wende: Aus Sicht von Giancarlo Giorgetti, einem langjährigen Mitglied der rechtsextremen Lega, ist die Ausgabe von sogenannten Mini-BOTs „kein plausibles Instrument“ zur Begleichung der italienischen Schulden. Giorgetti, der als rechte Hand von Lega-Chef Matteo Salvini auch als aussichtsreicher Kandidat für den italienischen Sitz in der nächsten EU-Kommission gilt, erklärte: „Wenn das möglich wäre, würde es jeder tun.“

Der umstrittene Vorschlag war als erster Schritt zum Ausstieg aus der Eurozone kritisiert worden. Die „Mini“-Staatsanleihe könnte als Parallelwährung gehandelt werden. Die Regierungspartner von der Fünf-Sterne-Bewegung zeigten sich von der möglichen Wende bei der Lega „überrascht“.

Regierungsstreit geht weiter: Bei einem Treffen mit Anhängern der Fünf-Sterne-Bewegung hat Parteichef Luigi Di Maio seinem Amtskollegen Salvini vorgeworfen, auf Staatskosten zu seinen politischen Kundgebungen zu reisen. Erst am Samstag hatte Salvini sich in den Zuständigkeitsbereich von Di Maio eingemischt und eine Debatte mit den Gewerkschaften über den kommenden Haushaltsplan gefordert.

(Gerardo Fortuna, EURACTIV.com)

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ATHEN / NIKOSIA

Energie-Deal mit ΕxxonΜobil: Griechenland will diese Woche einen Vertrag mit dem Energieriesen ΕxxonΜobil über die Erkundung und Nutzung von Gas- und Ölquellen südlich und westlich von Kreta unterzeichnen, kündigte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras an. Der Schritt steht im Zusammenhang mit den erhöhten Spannungen zwischen Griechenland, der Türkei und Zypern über die Gasbohrungen im östlichen Mittelmeerraum.

(Sarantis Michalopoulos, EURACTIV.com)

Konservative in Umfragen deutlich vorn: Zwei Wochen vor den Parlamentswahlen sagen drei aktuelle Umfragen der konservativen Nea Dimokratia (ND) einen deutlichen Sieg voraus. Die ND würde demnach zwischen 34 und 38 Prozent der Stimmen erhalten, während die linksgerichtete Regierungspartei SYRIZA lediglich bei 22 bis 28 Prozent liegt. Die Hauptfrage scheint demnach lediglich zu sein, ob die ND möglicherweise sogar alleine regieren kann. Dies wird wohl davon abhängen, wie viele Parteien letztendlich im Parlament vertreten sein werden.

Ex-Präsident tot: Dimitris Christofias, ehemaliger Präsident Zyperns und Ikone der zypriotischen Linken, ist am Samstag im Alter von 72 Jahren verstorben. In Nikosia wurde eine dreitägige Staatstrauer angeordnet.

(Theodore Karaoulanis, EURACTIV.gr)

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WARSCHAU

Billiges Polen: Nach Angaben von Eurostat war Polen 2018 eines der preisgünstigsten Länder in der EU. Im Vergleich zu 2017 stiegen die Preise für Grunderzeugnisse entweder nur geringfügig an oder blieben stabil. Im Durchschnitt kosten Lebensmittel und Getränke 69 Prozent des EU-Durchschnitts, während Milchprodukte bei 71 Prozent standen. Auch die Preise für Dienstleistungen (35 Prozent des EU-Durchschnitts), Wohnen (37 Prozent) und Bildung (43 Prozent) gehören zu den niedrigsten in der EU.

(Łukasz Gadzała, EURACTIV.pl)

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PRAG

Massenprotest: In Prag hat am Sonntag die größte Demonstration seit der Revolution von 1989 stattgefunden. Die Bürgerinnen und Bürger fordern den Rücktritt des Premierministers Andrej Babiš und seiner neuen Justizministerin. Ihrer Ansicht nach ist der populistische Milliardär Babiš eine Bedrohung für die Demokratie und die Unabhängigkeit der tschechischen Justiz.

Dem 64-Jährigen wird seit vergangenem Jahr die Beteiligung an einem Subventionsbetrug in Höhe von zwei Millionen Euro vorgeworfen. Eine Prüfung durch die Europäische Kommission ergab, dass Babiš in seiner Rolle als Politiker und (früherer) Unternehmer tatsächlich einen „Interessenkonflikt“ hat.

Die tschechische Regierung teilte Anfang dieses Monats hingegen mit, bei der Prüfung aus Brüssel habe es „Fehler“ gegeben. Babiš weigert sich daher, nachzugeben.

(Ondřej Plevák, EURACTIV.cz)

>> Mehr dazu: Hunderttausende protestieren gegen Babiš

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BUKAREST

Überraschend unfallfrei: Rumänien hat es geschafft, während seiner ersten EU-Ratspräsidentschaft mehr als 90 Dossiers abzuschließen, erklärte der Präsident des Landes, Klaus Iohannis. „Nur wenige hatten große Erwartungen, als Rumänien die Präsidentschaft übernahm. Viele erwarteten, dass unsere Leistung bestenfalls mittelmäßig sein würde,“ so Iohannis. Stattdessen seien die Ergebnisse der rumänischen Präsidentschaft aber viel besser gewesen, „als irgendjemand erwartet hat“. Iohannis selbst hatte noch im vergangenen November – wenige Wochen vor der Übernahme des sechsmonatigen Vorsitzes durch Bukarest am 1. Januar – kritisiert, die rumänische Regierung sei unzureichend auf die Ratspräsidentschaft vorbereitet.

(EURACTIV.ro)

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ZAGREB

Popsänger will Präsident werden: Miroslav Škoro, ein populärer Popsänger, hat seine Kandidatur für die Präsidentschaft des Landes angekündigt und erklärt, im Falle seiner Wahl werde sein erster Schritt darin bestehen, die Verfassung zu ändern und dem Präsidenten mehr Autorität zu geben. Dies könne entweder durch eine Mehrheit im Parlament oder durch ein Referendum erreicht werden. Von 2007 bis 2011 war Škoro bereits Mitglied des Europäischen Parlaments für die konservative HDZ (EVP). Er spricht sich gegen eine föderale EU aus. Aktuellen Umfragen zufolge könnte Škoro in der ersten Wahlrunde rund 15 Prozent der Stimmen erreichen.

(Željko Trkanjec, EURACTIV.hr)

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BELGRAD

Serbien nicht mehr auf der schwarzen Liste: Serbiens Präsident Aleksandar Vučić zeigte sich am vergangenen Freitag erfreut von der „grandiosen Nachricht“, dass Serbien von der Liste der Länder mit „systemischen Defiziten“ bei der Bekämpfung von Terrorismus und Geldwäsche gestrichen wurde. Die Liste wird von der internationalen Institution FATF (Financial Action Task Force) geführt.

5G in Serbien: Die Firma Telenor hat ihre erste 5G-Basisstation in Serbien im Wissenschafts- und Technologiepark in Belgrad in Betrieb genommen. Die Station soll in- und ausländischen Unternehmen, Start-ups und den Studierenden der örtlichen Fachhochschule zur Verfügung stehen. Projektpartner ist das chinesische Unternehmen Huawei.

(beta.rsEURACTIV.rs)

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SARAJEWO

Regierung bilden, Reformen starten: Der slowakische Außenminsiter Miroslav Lajčak, Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), hat die politischen Parteien in Bosnien und Herzegowina aufgefordert, acht Monate nach den Parlamentswahlen endlich eine Regierung zu bilden. Außerdem müsse eine Reihe wichtiger Reformen vorangetrieben werden, um das Land aus der Krise zu führen.

(Željko Trkanjec, Euractiv.hr)

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[Bearbeitet von Sarantis Michalopoulos, Samuel Stolton und Tim Steins]

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